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13.06.2014
Gerüchteküche in der Neckarstadt
Eine offene Küche auf dem Mannheimer Neumarkt. Auf dem Speiseplan: Gerüchte. Arm, schmuddelig, auf Kindergeld aus – ein Bild, das im benachteiligten Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West häufig mit Einwanderern aus Bulgarien assoziiert wird.
Doch was eine Frau aus dem Stadtteil vor ein paar Wochen auf dem Neumarkt erlebte und in der „Gerüchteküche“ erzählt, hinterfragt das Klischee: Symbolisch für den „Dreck“ stehen die Schalen der Sonnenblumenkerne, die an Treffpunkten von „Bulgaren“ im öffentlichen Raum zurückbleiben. „Es reicht“, dachte sich offenbar am besagten Tag ein Bewohner des Stadtteils, auch er mit bulgarischer Migrationsgeschichte. Er ging nach Hause, holte einen Besen und fegte. Er fegte sie weg die Stereotype, die auch ihn und sein unmittelbares Lebensumfeld beeinflussen.
Das Community art Center mannheim lud Mitte Juni drei Tage lang auf den Neumarkt in der Mannheimer Neckarstadt-West ein, diese und weitere Geschichten oder Gerüchte aus dem Stadtteil zu erzählen. Die „Gerüchteküche“ ist eine Aktions-Installation des Künstlerpaars Illig und Illig. Die Idee: Menschen aus dem Stadtteil kommen in die Installation „offene Küche“ und berichten über das, was sie im Miteinander im Stadtteil beschäftigt. Die Künstler hören zu, fragen nach und verwandeln in einem ausgeklügelten Prozess das Gerücht in ein Gericht.
Anschließend essen die Besucher im Gespräch mit den Künstlern die zubereitete Mahlzeit. Gemeinsam reflektieren sie über das Erlebte und entwickeln eine Vision von einer Zukunft des Stadtteils. Etwa der, dass man Stereotypen über die Menschen dort aufbricht, was das Beispiel des „fegenden Bulgaren“ zeigt. Die „Gerüchteküche“ bietet einen Ort der Begegnung und eine Plattform für die Menschen im Stadtteil. Hier haben sie Gelegenheit, etwas von sich zu zeigen. Durch die künstlerische Transformation und das Weiterdenken der Geschichten werden sie wertgeschätzt.
Das von der Stadt Mannheim, Heinrich-Vetter-Stiftung, Freudenberg Stiftung und BT Spickschen Stiftung geförderte Community art Center mannheim setzt sich mit künstlerischen Mitteln gegen Ausgrenzung und für ein stärkeres Miteinander ein. Ziel ist es, über professionelle künstlerische Projekte gemeinschaftsstiftende Orte und Aktionen in einem von Armut und Bildungsnotstand geprägten Stadtteil zu schaffen.
http://communityartcenter-mannheim.de