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05.03.2015
Junge Flüchtlinge: berufliche Perspektiven und Kommunale Koordinierung
Fußballprofi, Prinzessin, Geschäftsmann oder Steinmetz wie der Vater wollten sie werden. Sieben junge Menschen erzählten von ihren Berufswünschen als Kinder. Als sie diese Wünsche entwickelten, sich vorstellten, wie das Leben sein würde, war für sie nicht absehbar, dass sie eines Tages ihr zu Hause verlassen, vor Krieg und Gewalt flüchten würden.
Viele von ihnen machten sich ohne Familienangehörige auf den Weg oder verloren sie auf der Reise.
In Deutschland angekommen bleibt der Wunsch einen Beruf zu erlernen oder zur Schule zu gehen zentral. Auf dem Weg zu ihrem Ziel stellen sich den Jugendlichen aber allerlei Hürden in Form gesetzlicher Vorschriften oder Lücken. Wie können diese Hürden überwunden werden? Wie die Teilhabe von jungen Flüchtlingen an Bildung, Ausbildung und Arbeit gesichert werden? Was kann Kommunale Koordinierung dazu beitragen, damit junge Flüchtlinge ihre Zukunftswünsche verwirklichen können?
Am Donnerstag und Freitag (5./6.3.2015) trafen sich rund 100 Bildungsexperten aus ganz Deutschland zu einem JahresforumExtra der
Weinheimer Initiative mit dem Titel „Junge Flüchtlinge, berufliche Perspektiven und Kommunale Koordinierung“, um diese und weitere Fragen zu diskutieren.
Bildung und Ausbildung durch menschenwürdige Unterbringung fördern
Für Kommunen stehen derzeit die Unterbringung von Flüchtlingen und alle dazugehörigen Hilfestellungen wie soziale Begleitung im Mittelpunkt. Wie junge Flüchtlinge vor Ort leben, beeinflusst ihren Weg in eine erfolgreiche Bildung und Ausbildung. Die Unterbringung sei als „Startposition“ zu verstehen, wie es in einem
Positionspapier der Weinheimer Initiative heißt. Kommunale Koordinierung dürfe nicht nur auf die Bildungs- und Ausbildungsprozesse im engeren Sinn schauen. Entscheidend sei es, einen ganzheitlichen Blick auf förderliche Lebensumstände einzunehmen und über die klassischen Bildungspartner hinaus krisenfeste Kooperationsnetzwerke mit Ausländerbehörde, Wohnungsgesellschaften, Migrantenorganisationen und anderen aufzubauen.
Kultur des positiven Zusammenlebens schaffen
Dazu gehöre auch, eine „Kultur des positiven Zusammenlebens“ zu fördern. Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich für Flüchtlinge und bieten ihre Unterstützung an. Das
Projekt Aktion Schutzschild der Amadeu Antonio Stiftung verweist aber auch auf einen
Anstieg von gewalttätigen Angriffen auf Flüchtlinge. Aufgabe von Kommunen sei es, Bürgerengagement zu ermutigen und zu qualifizieren sowie den Schutz von Flüchtlingen zu gewährleisten. Auch die Medien spielen hier eine wichtige Rolle. Für die Mehrheit von Bürgerinnen und Bürgern sind sie einzige Informationsquelle zu Lebensumständen von Flüchtlingen. Der
Mediendienst Integration stellte sich auf der Tagung den Kommunalvertreterinnen und –vertretern vor. Als Onlineplattform zu den Themen Migration, Integration, Flucht und Asyl trägt der Mediendienst mit Fakten zur Aufklärung bei.
Rechtliche Hürden überwinden und individuelle Wünsche ermöglichen
Damit junge Flüchtlinge ihr Recht auf Bildung wahrnehmen, eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen können, müssen rechtliche Hürden beseitigt werden. Generell müsse die rechtliche und faktische Ausgestaltung von Lebens-, Bildungs- und Ausbildungsbedingungen junger Flüchtlinge am Kindeswohl und an den Menschenrechten orientiert sein, wie es in den entsprechenden UN-Konventionen steht. Kein Flüchtling könne eine Lebensperspektive ohne gesicherten Aufenthaltsstatus entwickeln, wie es im Positionspapier weiter heißt. Dies gelte besonders für
„geduldete“ Flüchtlinge, aber auch die Lage von Mädchen und Frauen findet bislang zu wenig Beachtung.
Jugendliche sollten unabhängig von ihrem bisherigen Aufenthaltsstatus für die Zeit der Ausbildung eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Für Ausbildungsbetriebe bietet eine solche Regelung die nötige Sicherheit. Zunehmend öffnen sich Betriebe für junge Flüchtlinge, doch brauchen sie die Unterstützung von Kommune und Bildungseinrichtungen. Übergänge von Schule in Ausbildung müssen rechtzeitig gestaltet werden. Dazu zählt auch der Zugang zu ausbildungsvorbereitenden und ausbildungsbegleitenden Unterstützungsangeboten. Bei der Diskussion um den Fachkräftemangel dürfen die persönlichen Wünsche von jungen Flüchtlingen nicht in den Hintergrund geraten. Sie sollen ihren Bildungs- und Ausbildungsweg selbstbestimmt gestalten können, um sich in Deutschland oder ihrem Herkunftsland eine gesicherte Existenzgrundlage erarbeiten zu können.
Über die Weinheimer Initiative
Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative vertritt Städte, Gemeinden und Landkreise, die die Koordinierung des Übergangs Jugendlicher von der Schule ins Berufsleben in die Verantwortung der Kommune legen. Mit dem Ansatz der Kommunalen Koordinierung hat die Arbeitsgemeinschaft weit über den Kreis der mitarbeitenden Städte und Landkreise hinaus die öffentliche Debatte um gutes Ankommen in der Arbeitswelt mitgeprägt. Neben der
Amadeu Antonio Stiftung, der
Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit e.V. und dem
Bundesfachverband Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtlinge e.V. unterstützte die Freudenberg Stiftung das JahresforumExtra. Die Stiftung ist Initiatorin und Gründungsmitglied der Weinheimer Initiative.
Zur Pressemitteilung der Weinheimer Initiative
HIER