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22.05.2024
Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Demokratie – Heribert Prantl in Weinheim
Demokratie ist nicht selbstverständlich, um Demokratie muss gerungen werden – im Großen wie im Kleinen, auf allen politischen Ebenen und darüber hinaus.
Wie kann die Demokratie vor Ort gestärkt werden? Zu dieser Frage lud die Stadt Weinheim am 21. Mai in Zusammenarbeit mit der Freudenberg Stiftung den Juristen und Publizisten Prof. Dr. Heribert Prantl ein. In einer flammenden Rede rief dieser im Alten Rathaus dazu auf, aktiv für die Demokratie einzutreten.
Foto: Stadt Weinheim
Niedrige Wahlbeteiligungen und Wahlerfolge populistischer Parteien: In seiner Begrüßung nannte Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just aktuelle Herausforderungen der Demokratie, sprach gar von einer sogenannten "Krise" dieser. Auch wenn die Demokratie nicht perfekt sei: Sie zu schützen, sei eine immens wichtige Aufgabe.
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Die Würde des Menschen ist unantastbar" – so Artikel 1 des Grundgesetzes, das im Mai vor 75 Jahren in Kraft trat. In seiner Rede hebt Heribert Prantl den besonderen Wert dieses ersten Artikels als Fundament der Bundesrepublik hervor. Und er warnt: Die rechtsextreme Bewegung will diesen Grundsatz aushebeln und nur für bestimmte Gruppen geltend machen. Sein Wunsch zum Jahrestag des Grundgesetzes, das inmitten von "
Schutt und Elend " verfasst wurde, nur kurz nach Krieg und Nationalsozialismus: Dass wir alle als Gesellschaft kraftvoll und mit Lust danach streben, dem Artikel 1 gerecht zu werden.
Demokratie ist für Heribert Prantl mehr als nur Wahlen, auch wenn er das Publikum inständig darum bittet, sich bei den baldigen Europawahlen zu beteiligen. Demokratie ist für ihn ein Lebensprinzip, das von der Zivilgesellschaft genährt wird: Vom kleinen lokalen Verein über große soziale Bewegungen, von den Initiativen über Stiftungen zu den Kirchen. Die Zivilgesellschaft ist für Prantl ein farbenprächtiges Puzzle unterschiedlichster und vielstimmiger Gruppen. Dass die Menschen in vielen Fragen nicht einer Meinung sind, gehört für ihn zur demokratischen Kultur, genauso wie das ständige und respektvolle Streiten. Was dagegen keinen Platz einnehmen darf: verfassungsfeindliche Ansichten zu verbreiten und beispielsweise gegen Minderheiten zu hetzen.
Das praktische, demokratische Tun beginnt für Heribert Prantl vor Ort, in den Städten und Gemeinden. Staatliche Neutralität bedeutet für den promovierten Juristen nicht, dass in Schulen oder Kommunalverwaltungen keinerlei politischen Aussagen getätigt werden dürfen: Auch hier muss gegen menschenfeindliche und verfassungswidrige Meinungen vorgegangen werden – dies gebietet das Grundgesetz. Und überhaupt betont der Publizist die tragende Rolle, die Schulen und Kitas für die Demokratie einnehmen: Sie sind extrem wichtige Orte der Begegnung, Integration und Stärkung von jungen Menschen – und darum unverzichtbar für lebendige Kommunen.
Heribert Prantl beendet seinen Vortrag mit einem Zitat des römischen Dichters Ovid: "
Glücklich ist, wer das, was er liebt, auch wagt, mit Mut zu beschützen". Ob es sich um das Grundgesetz oder das respektvolle Zusammenleben in Europa handelt, sein leidenschaftliches Plädoyer lautet: "
Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass andere es für uns beschützen. Das müssen wir selber tun. Gönnen wir uns dieses Glück! "
Die Freudenberg Stiftung war Kooperationspartnerin bei der Veranstaltung. Demokratische Kultur ist eines ihrer beiden Schwerpunktthemen.