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02 Juli

"M/m - Masken pro Meter": Erste Veranstaltung im Community Art Center Mannheim nach dem Corona-Lockdown

Nach der langen coronabedingten Veranstaltungspause öffnete das COMMUNITYartCENTERmannheim (CaCm) am 02. Juli 2021 erstmals wieder seine Tore für Publikum zur Vernissage
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02/07/2021

"M/m - Masken pro Meter": Erste Veranstaltung im Community Art Center Mannheim nach dem Corona-Lockdown

Nach der langen coronabedingten Veranstaltungspause öffnete das COMMUNITYartCENTERmannheim (CaCm) am 02. Juli 2021 erstmals wieder seine Tore für Publikum zur Vernissage der Ausstellung "M/m – Masken pro Meter" von Volker Hartmann-Langenfelder. Ein anregendes Künstlergespräch zwischen Annette Dorothea Weber, künstlerische Leitung des CaCm, und Volker Hartmann-Langenfelder gab Einblicke in Entstehungsgeschichte und Erkenntnisse des ergebnisoffenen, interdisziplinären Projekts zum Mannheimer Maskenmüll.
Foto: COMMUNITYartCENTERmannheim
"Der Müll muss doch irgendetwas erzählen", fasst Volker Hartmann-Langenfelder zusammen, was ihn für sein Projekt antrieb. Selten war ein Alltagsgegenstand in allen Teilen der Bevölkerung derart verbreitet wie seit dem letzten Jahr die Mund-Nasen-Masken zum Schutz vor dem Corona-Virus. Bald sah man sie überall auf den Straßen liegen, riesige Mengen Pandemie-Müll wurden produziert.

Neben diesem grundlegenden Problem liegt der künstlerischen Untersuchung von Volker Hartmann-Langenfelder die Vermutung zugrunde, dass der "graduell unterschiedliche Vermüllungszustand" der Straßen auch Aufschluss über noch ganz andere gesellschaftliche Zustände geben könnte.

Immer wieder sonntags zur gleichen Zeit in einer gleichen Anzahl von Straßen begab sich Volker Hartmann-Langenfelder ab März 2021 über mehrere Wochen hinweg auf Spurensuche in insgesamt sieben Mannheimer Stadtvierteln, fotografierte die herumliegenden Alltagsmasken, medizinischen Masken, FFP2-Masken, zählte sie.

Was erzählt der Müll?

Dabei kam Überraschendes und Kurioses zu Tage: Wenn in der Neckarstadt-West die Inzidenzwerte lange Zeit stadtweit mit Abstand am höchsten waren und gerade hier sonst über so viel Müll auf den Straßen geklagt wird, warum fanden sich dann ausgerechnet in diesem Viertel am wenigsten Masken? Hat es mit der Kaufkraft zu tun, die in dieser Gegend mit am geringsten ist? Und warum riecht der Müll in der Neckarstadt-West nach Zigaretten, während er in der Oststadt fast schon ästhetisch bunt und wohlriechend scheint?

Was mit den Fotos und gesammelten Daten passieren sollte, wusste der Künstler zu Beginn selbst noch nicht so genau. Das Projekt war ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Zum ersten Mal überhaupt arbeitete er derart ergebnissoffen – "sehr spannend", resümiert Volker Hartmann-Langenfelder.

Die Fotos wurden schließlich akribisch dokumentiert – abgestempelt und in Register gepackt –, die erhobenen Daten in Grafiken und Diagramme transformiert, kartografiert - und schließlich in einem Klotz Beton versenkt, drapiert neben einem kleinen Gummibaum, wie er nicht wegzudenken ist aus vielen deutschen Bürozimmern. Ein penetrantes "Störgeräusch", angelehnt an eine verbreitete Methode zur Behandlung von Tinnitus, untermalt die Installation.

Volker Hartmann-Langenfelder will sich zu keinen Mutmaßungen darüber hinreißen lassen, welche gesellschaftlichen Diagnosen sich über den unterschiedlichen Maskenmüll in den Vierteln stellen lassen. Seine Perspektive ist eine künstlerische, keine soziologische. Auch die Interpretation seiner Installation überlässt er am liebsten Jede*m selbst - die kritische Anspielung aber auf träge Verwaltungsvorgänge und Aktenberge mit haufenweise Daten, die erhoben werden, zur Kenntnis genommen, dokumentiert – und dann tatenlos in der Versenkung verschwinden, liegt nahe.

Der Verlauf der Recherche konnte bereits seit März digital verfolgt werden mehr. Seit Anfang Mai ermöglichte ihm das CaCm, in seinen Räumlichkeiten am Projekt weiterzuarbeiten und im Schaufensterbereich die Ausstellung zumindest teilweise analog zu präsentieren. Vor dem gemeinsamen Live-Gespräch fanden im Verlauf des Projekts bereits drei digitale Künstlergespräche zwischen Annette Dorothea Weber und Volker Hartmann-Langenfelder statt.

Die Arbeit an "M/m - Masken pro Meter" geht noch weiter: Aktuell verwandelt Hartmann-Langenfelder die erhobenen Daten in ein Soundstück. Die Ausstellung im COMMUNITYartCENTERmannheim ist noch im gesamten Juli montags bis freitags von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr für den Publikumsverkehr geöffnet.


Die Freudenberg Stiftung unterstützt das COMMUNITYartCENTERmannheim zusammen mit der Stadt Mannheim, der Heinrich-Vetter-Stiftung, der BT Spickschen Stiftung und den Open Society Foundations.