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21 September

Mythos "Wahlbetrug": rechte Desinformationskampagnen in sozialen Netzwerken

Vor der Bundestagswahl häufen sich Desinformationskampagnen von Rechtsextremen und -populist*innen in den sozialen Medien. In einem Online-Hintergrundgespräch für
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21/09/2021

Mythos "Wahlbetrug": rechte Desinformationskampagnen in sozialen Netzwerken

Vor der Bundestagswahl häufen sich Desinformationskampagnen von Rechtsextremen und -populist*innen in den sozialen Medien. In einem Online-Hintergrundgespräch für Journalist*innen beleuchtete der Mediendienst Integration am 21.09.2021 dieses Thema mit den Referent*innen Fabian Klinker, wissenschaftlicher Referent für Social-Media-Analysen am Institut für Zivilgesellschaft und Demokratie in Jena (IDZ), und Una Titz, Monitoring-Referentin für Digital bei der Amadeu Antonio Stiftung.
Es lässt sich eindeutig beobachten: In den letzten Monaten hat sich der von rechten Netzwerken und Influencer*innen verbreitete Mythos von einem drohenden "Wahlbetrug" stark verbreitet. Spielte dieses Narrativ zu Jahresbeginn noch kaum eine Rolle in den sozialen Medien, ließen sich seit Juni rund 15.000 Posts dazu finden, die allein auf Twitter und Facebook mehr als 3 Millionen Menschen erreicht haben. Vor allem zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt und zum ersten "Triell" der Kanzlerkandidat*innen schnellten die Posts und Reposts dazu in die Höhe. Oft wird dabei Bezug auf die - wie von Trump behauptet - "gestohlenen Wahlen" in den USA genommen und Ähnliches für Deutschland prophezeit.

Rechte und Querdenker*innen spielen sich dabei in die Hände, streuen etwa das Gerücht, Ungeimpften werde der Gang zur Wahl verboten. Die angeblich manipulierte Briefwahl steht im Fokus der Kampagne, aktiv vorangetrieben von der AfD, mit Björn Höcke an vorderster Front. Das gemeinsame Ziel ist leicht zu durchschauen: Demokratieverdrossenheit soll geschürt werden, demokratische Prozesse delegitimiert und der gesellschaftliche Diskurs radikalisiert und nach rechts verschoben. Auch bei Wahlmisserfolgen kann ein vermeintlicher "Wahlbetrug" als willkommene Rechtfertigung herhalten.

Bis solche Erzählungen in der Mitte der Gesellschaft ankommen, ist es ein schleichender Prozess. Aber die rechten Akteur*innen sind dicht vernetzt, multiplizieren sich gegenseitig und arbeiten mit "False-Flag-" oder mehrfachen Accounts, sogenannten "Sockenpuppen", um ihre Reichweite noch weiter zu erhöhen. Besonders anfällig sind sehr junge Menschen, die millionenfach auf TikTok erreicht werden, Menschen mit eher geringer formaler Bildung und wenig Medienkompetenz sowie alle, die ohnehin anfällig für Verschwörungserzählungen sind.

Umso wichtiger ist es darum gerade jetzt, ebenso beharrlich, strategisch und effizient der Desinformation Informationen entgegenzuhalten, die Fakes mit Fakten zu entkräften - und in letzter Instanz entsprechende User*innen und Plattformen zu sperren.



Die Freudenberg Stiftung unterstützt den Mediendienst Integration, eine Informations-Plattform für Medienschaffende zu den Themen Migration, Integration und Asyl in Deutschland, seit seiner Gründung im Jahr 2012. Sie fördert ebenso das Projekt "Digital Awareness" des IDZ Jena, das Debatten im digitalen Raum untersucht, um auf dieser Grundlage demokratische zivilgesellschaftliche Organisationen zu stärken, sowie die Amadeu Antonio Stiftung.