30 Jahre RAA Hoyerswerda/Ostsachsen
Die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Demokratie und Lebensperspektiven (RAA) Hoyerswerda/Ostsachsen feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Gegründet nach dem Schock der rassistischen Ausschreitungen Anfang der 1990er Jahre, hat sich die
...read more×
23/09/2022
30 Jahre RAA Hoyerswerda/Ostsachsen
Die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Demokratie und Lebensperspektiven (RAA) Hoyerswerda/Ostsachsen feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Gegründet nach dem Schock der rassistischen Ausschreitungen Anfang der 1990er Jahre, hat sich die RAA in drei Jahrzehnten als Entwicklungsagentur und Prozessbegleiterin für Bildung, Gemeinwesen und Demokratie etabliert – und viel erreicht. Diesen feierlichen Anlass beging die RAA Hoyerswerda mit zahlreichen Partner*innen und Wegbegleiter*innen am 23.09.2022 mit einer rauschenden Party im Jugendclubhaus "Ossi".
Das Hoyerswerda von heute ist nicht mehr das von 1991, als Rechtsextreme unter dem Klatschen von Teilen der Bevölkerung Vertragsarbeiter*innen aus Vietnam und Mosambik angriffen. Rechtsextremismus hat zumindest in der Öffentlichkeit keinen Platz mehr. Es wird offen über die Geschehnisse von damals gesprochen und auch Migrant*innen, die zu jener Zeit in Hoyerswerda lebten, kommen immer mehr zu Wort. Zwar ist der Anteil der AfD-Wählerschaft, wie in ganz Sachsen, hoch, niedriger jedoch als in benachbarten Kommunen, die teils neidvoll auf Hoyerswerda blicken – und das, obwohl Hoyerswerda proportional zur Einwohnerschaft den höchsten Anteil an Zugwanderten und Geflüchteten in der Region hat. Diese Entwicklung ist zu großen Teilen auch Verdienst der RAA Hoyerswerda, die von der Freudenberg Stiftung gemeinsam mit der Stadt Hoyerswerda initiiert wurde. Nicht zu trennen ist die dreißigjährige Erfolgsgeschichte personell von Helga Nickich, die die RAA seit der Gründung leitete und immer noch im Vorstand des Vereins tätig ist, sowie von der heutigen Geschäftsführerin Evelyn Scholz, die nur wenig später einstieg.Bildung für Demokratie und Lebensperspektiven
In ihrer gemeinsamen Rede blickten Helga Nickich und Evelyn Scholz auf einen bunten Strauß von Projekten und Programmen mit Schulen, Kindertagesstätten und anderen Bildungseinrichtungen sowie Initiativen im Gemeinwesen zurück, alle mit dem Ziel, das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken, Kindern und Jugendlichen Lebensperspektiven aufzuzeigen und rechtsextremistische und menschenverachtende Einstellungen zurückzudrängen, stets eingebettet in ein kommunal abgestimmtes Gesamtkonzept. Frühe Projekte waren z. B. ein Austausch zwischen türkischen und hier geborenen Jugendlichen und zahlreiche weitere mit dem Nachbarland Polen, Ausbildungsberatung für die oft frustrierten und perspektivlosen Jugendlichen, Gedenkstättenfahrten und andere Projekte zur Erinnerungsarbeit. Später gaben Programme wie km2 Bildung, das Gebietsbezogene integrierte Handlungskonzept und die Weinheimer Initiative wichtige Impulse für die Arbeit der RAA, erinnern Helga Nickich und Evi Scholz. Das Bürgerbündnis "Hoyerswerda hilft mit Herz" zur Unterstützung von Geflüchteten wurde initiiert und 2017 mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet. Auch Schulsozialarbeit und das Jugendclubhaus "Ossi" sind heute feste Institutionen der RAA. Für die Stadt Hoyerswerda dankt Bürgermeister Mirko Pink der RAA für ihr jahrzehntelanges Engagement. Auch er hebt den Wandel seit den 1990ern hervor, den die Stadt nicht zuletzt der RAA zu verdanken habe. So sei ein Prüfstein die Situation 2015 gewesen, als in kürzester Zeit viele Geflüchtete in Hoyerswerda ankamen und Befürchtungen von damals lautwurden: keine davon sei eingetroffen. Auch nicht in diesem Jahr, als Hoyerswerda wieder zum Asyl-Zentrum des Landkreises für ukrainische Geflüchtete wurde. Die Wertschätzung der Stadt für die Partnerschaft mit der RAA soll auch mit dem geplanten Bau des "Neustadt-Forums" zum Ausdruck kommen, der in den Startlöchern steht und ein von der RAA betriebenes Zentrum für Begegnung und Bildung von und für die Menschen jeden Alters und die Stadtgesellschaft werden soll. Genügend Gründe zu feiern also: Im festlich herausgeputzten "Ossi" heizte die Hoyerswerdaer "Boogie Band" dem Publikum mit Songs aus drei Jahrzehnten ein, die des lokalen Kultsängers Gerhard Gundermann durften ebenso wenig fehlen wie der sorbische "Annemarie-Polka". Die Freudenberg Stiftung gratuliert der RAA Hoyerswerda/Ostsachsen ganz herzlich zu drei Jahrzehnten erfolgreicher Bildungs- und Demokratiearbeit und bedankt sich für die ebenso lange großartige Zusammenarbeit!Die Freudenberg Stiftung ist Mitinitiatorin der RAA Hoyerswerda/Ostsachsen und fördert sie seit ihrer Gründung 1993 institutionell und projektbezogen. Sie ist außerdem gemeinsam mit der RAA im Bildungsbeirat der Stadt Hoyerswerda vertreten. Stiftung, RAA Hoyerswerda und RAA Sachsen haben Ende 2021 eine Studie zum Demokratieerleben junger Menschen in Hoyerswerda herausgebracht.