Friedensgespräche zum Krieg in der Ukraine in Ludwigshafen am Rhein
1026 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine öffnete die Friedenskirche am 14. Dezember 2024 ihre Pforten für die fünften Friedensgespräche. Veranstalter war der Verein Kunst & Demokratie e.V. Im Foyer der modernen
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14/12/2024
Friedensgespräche zum Krieg in der Ukraine in Ludwigshafen am Rhein
1026 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine öffnete die Friedenskirche am 14. Dezember 2024 ihre Pforten für die fünften Friedensgespräche. Veranstalter war der Verein Kunst & Demokratie e.V. Im Foyer der modernen Rundkirche, einem zwischen den beiden Weltkriegen als protestantischer Friedensort entstandenen Baudenkmal, lud die Künstlerin Annette Dorothea Weber Menschen zum Sprechen über ihre Gefühle angesichts der anhaltenden Kriegssituation ein.
Eine Gruppe von Ukrainer*innen setzt sich zu ihr an den Tisch; eine bereits vor dem Kriegsausbruch nach Deutschland ausgewanderte Psychologin übersetzt für ihre Landsleute, die erst vor kurzem hierher geflohen sind. Sie reden über ihre große Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit angesichts des nicht absehbaren Kriegsendes. Viele warten sehnlich darauf, wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. "Meine Ideen sollen gelingen", schreibt ein ukrainischer Ingenieur in eine der ausliegenden Zeichnungen und meint damit seine Ideen, wenn er wieder in der Ukraine in Frieden leben kann. Währenddessen spielen die Musiker*innen Laila Mahmoud auf der 83-saitigen Qanun zusammen mit Jonathan Sell am Bass im Treppenaufgang zum Kirchenraum. Mit der Lesung journalistischer und literarischer Texte führen Mathias Wendel und Annette Dorothea Weber tief hinein in die Komplexität der aktuellen Kriegssituation und enden mit einer "Bedienungsanleitung für Zukunft" der Forschungsdirektorin der Militärakademie der NATO und dem Gedicht von Rose Ausländer "Hoffnung".Wer hofft,ist jung.
Wer könnte atmen ohne Hoffnung,
dass auch in Zukunft Rosen sich öffnen.
Ein Liebeswort
die Angst überlebt.Bei dem nachfolgenden Debattenspiel auf dem Spielteppich vor dem Altar im Kirchenraum bringen sieben Mitspieler*innen ihre Vorstellungen, wie dieser Krieg enden könnte, zum Ausdruck. Sie widersprechen sich, gehen aufeinander zu, hinterfragen sich und die anderen, suchen nach Lösungswissen, Hoffnungen und Auswegen. "Wäre das Ende der Naziherrschaft und des Massenmordens ohne massiven Waffeneinsatz denkbar gewesen? Und: welche militärischen Großkonflikte wurden jemals mit zivilem gewaltfreiem Widerstand beendet", fragt eine Teilnehmerin; sie stellt sich auf die These "Pazifismus ist für mich naiv" dennoch zögerlich ins JA-Feld. "Die größte Veränderung für mich persönlich durch diesen Krieg ist, dass ich aufgehört habe, ein Pazifist zu sein", fügt ein Mitspieler hinzu. Sich gerade nicht in der militärischen Logik verlieren, nicht die eigene Überzeugtheit von gewaltfreien Widerstandsformen aufzugeben, ist wiederum für eine andere Mitspielerin von großer Bedeutung. "Wir müssen doch die Menschen in Russland in ihrer Verschiedenheit wahrnehmen und denjenigen beistehen, die gegen diesen Krieg sind", fordert jemand ein."Mich trägt der tiefe Glaube, dass am Ende das Gute wirkmächtiger sein wird", äußert ein weiterer Mitwirkender in der Schlussrunde zur Hoffnungsfrage. "Heute das Mögliche tun, auch wenn das Morgen bedroht ist", diese Haltung und das Wissen, dass bislang jeder Krieg ein Ende gefunden hat, schaffen Hoffnungsmomente in einer vermeintlich ausweglosen Situation. Die Zuschauenden im Kirchenraum haben während des Spielverlaufs die Möglichkeit, alle Positionen und Emotionen auf sich wirken und durch sich hindurchzulassen und dadurch selbst zu einer neuen Verortung zu finden.Zum Ausklang macht Jo Jacobs im Gemeindesaal elektronische Musik, während die nachdenklichen und fragenden Gespräche weitergehen. "Nicht aufhören zu reden" ist eines der Leitmottos der Zeichnungen und der Friedensgespräche, die weitergehen werden. Die "Friedensgespräche" sind ein Format des Vereins für Kunst und Demokratie e.V. und werden von der Freudenberg Stiftung und der Ernsting Stiftung unterstützt.