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12. Mai

Fünf Angriffe täglich: Bundespressekonferenz zur Jahresbilanz rechter Gewalt 2019

In einer Bundespressekonferenz zu rechter Gewalt und Rechtsterrorismus am 12. Mai 2020 stellte der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und
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12.05.2020

Fünf Angriffe täglich: Bundespressekonferenz zur Jahresbilanz rechter Gewalt 2019

In einer Bundespressekonferenz zu rechter Gewalt und Rechtsterrorismus am 12. Mai 2020 stellte der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) seine Jahresbilanz 2019 vor: In acht von 16 Bundesländern ereigneten sich täglich mindestens fünf rechte, rassistische und antisemitische Angriffe. Es sprachen Judith Porath (VBRG), Prof. Dr. Gideon Botsch (Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus, Universität Potsdam) und Newroz Duman (Initiative 19. Februar, Hanau).
Das Attentat auf den CDU-Politiker Walter Lübcke und der antisemitische Anschlag in Halle stellten nur die bekanntesten Fälle politisch motivierter rechter Kriminalität im Jahr 2019 dar. Die Gewalt ist alltäglich: In den fünf ostdeutschen Bundesländern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein waren 2019 insgesamt 1.982 Personen direkt von rechten Angriffen betroffen, darunter ein steigender Anteil von Kindern und Jugendlichen.

Drei Menschen starben 2019 in Deutschland durch rechtsextreme oder rassistische Gewalt. 2020 kamen durch den Anschlag in Hanau bereits jetzt zehn Menschen zu Tode, seit 1990 kann von 208 Todesopfern ausgegangen werden (Belltower.News).

Die Entwicklung in den Bundesländern ist uneinheitlich: In Ostdeutschland blieb die Zahl der Angriffe trotz des Rückgangs gegenüber dem Vorjahr auf konstant hohem Niveau (5-6 Angriffe je 100.000 Einw.), in Berlin nahmen sie deutlich zu (10,7 Angriffe je 100.000 Einw.). Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verzeichneten wie schon in den vergangenen Jahren deutlich weniger Vorfälle (1 bzw. 2 je 100.000 Einw.).

In der Corona-Krise befürchten die Expert*innen eine weitere Normalisierung von Antisemitismus und Rassismus. Auf den Demonstrationen gegen die Infektionsschutzmaßnahmen trete der latent vorhandene Antisemitismus hinter dem Verschwörungsdenken offen zutage und die aufgeheizte Stimmung lasse neue rechtsterroristische Radikalisierungsschübe befürchten (Prof. Dr. Gideon Botsch).

Der VBRG spricht sich für mehr staatliche Aufmerksamkeit für rechte Gewalttaten und materielle Solidarität für die Opfer aus. Die Diskrepanz zwischen den durch die Strafverfolgungsbehörden dokumentierten Zahlen und den weitaus höheren der Opferberatungsstellen sei eklatant.

Mit einem offenen Brief haben sich der Verband und 55 prominente Vertreter*innen von Sozialverbänden, Gewerkschaften, Parteien und Wissenschaftler*innen an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht gewandt, um mehr staatliche Entschädigungsleistungen für die Angegriffenen zu fordern, die nicht nur in ihrem Leben, sondern oftmals auch in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind.


Die RAA Sachsen ist mit dem Projekt "Support" Mitglied im Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG). Die Freudenberg Stiftung hat die Gründung der RAA Sachsen mit initiiert und fördert sie seit 1993.