Jubiläum: 30 Jahre RAA Brandenburg
Gegründet 1992, um der weit verbreiteten rechtsextremen Alltagskultur in Brandenburg etwas entgegenzusetzen, hat sich die RAA Brandenburg in den vergangenen 30 Jahren zum wichtigsten landesweiten Träger für Integrationsarbeit entwickelt. Ihr Jubiläum
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06.10.2022
Jubiläum: 30 Jahre RAA Brandenburg
Gegründet 1992, um der weit verbreiteten rechtsextremen Alltagskultur in Brandenburg etwas entgegenzusetzen, hat sich die RAA Brandenburg in den vergangenen 30 Jahren zum wichtigsten landesweiten Träger für Integrationsarbeit entwickelt. Ihr Jubiläum beging die RAA am 06. Oktober 2022 in Potsdam im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung mit zahlreichen Partner*innen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft. Mit Blick auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen stellte sie die Frage "Wie krisenkompetent ist unsere Gesellschaft – angesichts Klimakrise, Krieg und zunehmenden Autoritarismus?"
Seit ihrer Gründungszeit waren die Herausforderungen für die RAA Brandenburg nicht mehr so einschneidend wie aktuell. Inflation und Energiekrise bereiten der Bevölkerung Ängste und Sorgen, was rechtsextreme Parteien und Bewegungen für ihre demokratiefeindlichen Zwecke zu instrumentalisieren versuchen.Nach wie vor ist Rechtsextremismus die größte Gefahr für Brandenburg, belegen auch die Zahlen des Verfassungsschutzes. Und doch kann das Land Brandenburg, in federführender Zusammenarbeit mit der RAA, durch sein flächendeckendes strategisches Handlungskonzept oft eine bundesweite Vorreiter- und Modellrolle in der Demokratie- und Integrationsarbeit einnehmen, bestätigen sowohl die stellvertretende Ministerpräsidentin Ursula Nonnemacher als auch Thomas Heppener, Referatsleiter für Demokratieförderung des BMFSFJ, in ihren Grußworten. Politik und Zivilgesellschaft ziehen in Brandenburg seit langem an einem Strang.Die Arbeit der RAA, die eher "wildwüchsig" begann mit dem Ziel, konkret etwas gegen die rechte Dominanz zu unternehmen, hat sich im Laufe der Zeit strukturell professionalisiert. Der Schwerpunkt liegt heute weniger auf kleinteiligen Projekten als auf Beratung und Multiplikation im ganzen Land, resümiert der Vereinsvorsitzende Tilmann Weickmann. Und doch seien Feldkenntnis und praktische Eingebundenheit vor Ort nach wie vor "Erfolgsgeheimnis" der RAA. Bereits seit 2004 arbeitet die RAA mit den "Mobilen Beratungsteams" (MBT) in sechs gemeinsamen Büros für Integration und Toleranz (BIT) zusammen und seit 2006 mit dem Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung demos unter dem Dach des gemeinsamen Trägervereins Demokratie und Integration Brandenburg e. V. Die vielfältigen Projekte und Programme der RAA Brandenburg – von der Fachstelle Islam, Globalem Lernen und km2 Bildung hin zu Lernen durch Engagement, muttersprachlichem Unterricht und vielen anderen – zielen immer auf die Förderung von demokratischen, nicht-rassistischen Einstellungen und die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in der brandenburgischen Gesellschaft.Wie krisenkompetent ist unsere Gesellschaft?
Wie krisenkompetent ist unsere Gesellschaft? fragte die RAA nun anlässlich ihres 30. Geburtstags, der in stürmische Zeiten für die Demokratie fällt, ihre Podiumsgäste Dr. Anne Holper (Viadrina Universität Frankfurt/O.), Dr. Johannes Staemmler (BTU Cottbus-Senftenberg), Prof. Dr. Birgit Ammann (FH Potsdam) und Alfred Roos (RAA Brandenburg).Seit Wochen marschieren montags wieder nicht nur, aber vor allem in Ostdeutschland wütende Bürger*innen, die sich vordergründig gegen die Energie- und Russlandpolitik, aber eigentlich gegen Staat und Demokratie als solche wenden. Schon bei den Corona-Protesten haben Rechtsextreme und bürgerliche Milieus unter einem gemeinsamen Nenner zusammengefunden, die "Querdenker"-Szene organisiert sich aktuell wieder neu.Denn Proteste sind eine einfache Form, in Zeiten des Kontrollverlustes Selbstwirksamkeit zu erfahren, so Dr. Johannes Staemmler. Sie sind nicht per se zu verteufeln, sondern fundamentale Kennzeichnen einer Demokratie – werden aber dann destruktiv, wenn nicht mehr hinterfragt werde, mit wem man da eigentlich mitlaufe, wenn eine hohe "Mobilisierbarkeit" mit einer großen "Unbedarftheit" gegenüber rechtsextremen Kräften zusammenfalle. Umso wichtiger sei es daher, positive Räume gerade in Ostdeutschland zu schaffen, in denen Selbstwirksamkeit auf andere Art erlebt werden könne, ist sich das Podium einig. Historisch bedingt sind Strukturen wie Kirchen und Vereine, die solche Erfahrungen ermöglichen, in Ostdeutschland weitaus weniger stark als im Westen. Erreicht werden müsse vor allem die breite Mitte – die oft zu leise sei, aber auch in Brandenburg den Großteil der Bevölkerung ausmache.Transformationsprozesse, wie wir sie aktuell in besonderer Dichte erleben, lassen sich nicht aufhalten, betont Dr. Staemmler. Sie können aber dann gelingen, wenn der Bevölkerung ermöglicht werde, am Wandel durch eigene Mitgestaltung teilzuhaben. In einer hoch diversen Gesellschaft könne man nie alle gewinnen (Dr. Staemmler), und oft gebe es keine "gute" Lösung, sondern nur eine "bestmögliche", für die alle Seiten Kompromisse eingehen müssen (Dr. Holper). Um dies zu vermitteln, brauche es Ehrlichkeit, Zuversicht und permanente Gespräche.Die vielen gegensätzlichen Interessen und Perspektiven seien aber kein Grund zu Pessimismus und Resignation: Gerade die Tatsache, dass heute so viele verschiedene Stimmen zu hören sind, sei auch Zeichen einer fortschreitenden Integration, so Alfred Roos, Geschäftsführer der RAA, in Anlehnung an Aladin El-Mafaalani. Integration ist längst eine Daueraufgabe für Alle. Menschen zu dieser Aufgabe zu befähigen, bleibt auch in Zukunft Ziel der RAA. Wertschätzung für ihre Arbeit erhält die RAA auch von höchster politischer Ebene: In einem Grußwort würdigt Bundeskanzler Olaf Scholz – in seiner Rolle als Abgeordneter des Bundestags mit einem Direktmandat aus Brandenburg und verlesen von Thomas Heppener – die unermüdliche und pionierhafte langjährige Demokratiearbeit der RAA. Er verspricht die baldige Verabschiedung des geplanten Demokratieförderungsgesetzes, um die RAA, wenn nötig, auch noch "in den nächsten 30 Jahren" zu unterstützen.
Auch die Freudenberg Stiftung bedankt sich ganz herzlich für den langen gemeinsamen Weg und gratuliert zu der RAA Brandenburg zu ihrem herausragenden Einsatz für Integration und Demokratie!
Die Freudenberg Stiftung und die damalige Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg haben die Gründung der RAA Brandenburg 1992 federführend initiiert. Bis heute unterstützt die Freudenberg Stiftung die RAA Brandenburg institutionell und projektbezogen.
Download: Programm Jubiläumsfeier